Unternehmen sanieren, bevor die Insolvenz eintritt. Was sich betroffene Unternehmer wünschten, wird mit dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (kurz: StaRUG) ab dem 01. Januar 2021 im deutschen Recht verankert. Damit die Beteiligten das Unternehmen wieder fit machen können.

Ausgangspunkt ist eine europäische Richtlinie zur Einführung eines vorinsolvenzrechtlichen Sanierungsverfahrens, die im Juni 2019 verabschiedet wurde. Deutschland hat diese Richtlinie mit dem StaRUG am 17. Dezember 2020 umgesetzt. Zum 1. Januar 2021 ist es in Kraft getreten.

Was bedeutet dies für die Beteiligten?

I. Änderungen bei der Insolvenzantragspflicht

Noch nicht zahlungsunfähige (§ 17 InsO) oder überschuldete (§ 19 InsO) Unternehmen sollen, sobald ihre Zahlungsunfähigkeit droht, Zugang zu einem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren erhalten. Ein solches wird in Form des Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetzes zur Verfügung gestellt.

 a) Frist zum Insolvenzantrag

Bei Zahlungsunfähigkeit beträgt die Antragsfrist weiterhin drei Wochen.

Für den Überschuldungstatbestand wird er auf sechs Wochen ausgeweitet.

b) Prognosezeitraum

Um dieses vorinsolvenzliche Verfahren stärker von der Insolvenz selbst abzugrenzen (sog. „Abstandsgebot“) werden die für die Liquiditätsvorausschau geforderten Prognosezeiträume für Überschuldung (§ 19 InsO) und drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO), die bisher für beide Tatbestände weitgehend identisch waren, ausdifferenziert.

Das StaRUG sieht vor, dass für die Bestimmung der drohenden Zahlungsunfähigkeit künftig „in aller Regel ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen“ ist, während für die Fortbestehensprognose im Rahmen der Überschuldung ein Prognosezeitraum von nur noch 12 Monaten gelten soll.

II. Verschiebung der Geschäftsleiterpflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit

Das StaRUG verpflichtet Geschäftsleiter nun ausdrücklich zur Einrichtung eines Krisenfrühwarnsystems und entsprechenden Reaktion auf erkennbar werdende wirtschaftliche Bedrohungen (§ 1 StaRUG). Eine wesentliche Neuerung für Geschäftsleiter sieht aber insbesondere § 2 StaRUG vor: Danach werden die Geschäftsleiter haftungsbeschränkter Gesellschaften verpflichtet, das Management der Gesellschaft ab dem Eintritt bereits der drohenden Zahlungsunfähigkeit primär am Interesse der Gläubiger und nur nachrangig an dem der Gesellschafter, aber auch anderer Stakeholder („sonstige Betroffene“) auszurichten.

Bei Verstoß gegen diese Pflicht droht dem Geschäftsleiter eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft (§ 3 Abs. 1 StaRUG). Für (schuldhafte) Pflichtverletzungen nach Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Insolvenzgericht haften Geschäftsleiter sogar direkt gegenüber den Gläubigern (§ 45 StaRUG).  

III. Restrukturierungsplan

Der Kern der im StaRUG vorgesehenen Maßnahmen bildet der Restrukturierungsplan. Der Restrukturierungsplan bietet hierbei nahezu dieselben Möglichkeiten wie ein Insolvenzplan, weshalb der Restrukturierungsplan inhaltlich auch dem Insolvenzplan stark nachempfunden bzw. angenährt ist. In einem Restrukturierungsplan, der im Stadium drohender Zahlungsunfähigkeit möglich ist, können mit wenigen Ausnahmen (z.B. Arbeitnehmerforderungen und betriebliche Altersvorsorge) alle Verbindlichkeiten eines Unternehmens einbezogen werden.

Inhaltlich teilt er sich in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil auf. Der darstellende Teil dient als Information für die Planbetroffenen (=die Gläubiger, deren Rechte geregelt werden sollen) und das Restrukturierungsgericht.

Der gestaltende Teil legt die Rechtswirkung des Restrukturierungsplans fest. Dem Plan beizufügen sind abhängig vom Regelungsgehalt diverse Anlagen, die dem Informationsgehalt dienen wie auch ergänzende Erklärungen beteiligter Personen erhalten.

IV. Restrukturierungsbeauftragter

Während der Verhandlung über einen Restrukturierungsplan und auch während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache bleibt die Verwaltungs – und Verfügungsbefugnis des Unternehmens wie bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung uneingeschränkt. Als Aufsichtsperson sieht das StaRUG die gerichtliche Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten vor.

Der Umfang der dem Restrukturierungsbeauftragten übertragenen Kontroll- und Mitwirkungsbefugnisse liegt im Ermessen des Gerichts. Das Gericht kann den Restrukturierungsbeauftragten insbesondere auch als Sachverständigen mit bestimmten Prüfungsaufgaben betrauen (etwa zum Vorliegen drohender Zahlungsunfähigkeit oder der Angemessenheit einer Entschädigung für die Freigabe konzerninterner Drittsicherheiten).

Unabhängig von den Voraussetzungen, unter denen die Beteiligung eines Restrukturierungsbeauftragten zwingend erforderlich ist, kann auf Antrag des Schuldners oder von Gläubigern, denen mehr als 25% der Stimmrechte in einer Gruppe zustehen, auch ein „fakultativer Restrukturierungsbeauftragter“ (§ 84 StaRUG) bestellt werden, der den Schuldner und die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Verhandlung des Restrukturierungsplans unterstützt.

V. Sanierungsmoderation

Unabhängig von dem Restrukturierungsplanverfahren sieht das StaRUG die Möglichkeit vor, auf Antrag des Schuldners für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten gerichtlich einen Sanierungsmoderator zu bestellen, der in einer wirtschaftlichen Krise zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern vermitteln und bei der Ausarbeitung eines (konsensualen) Sanierungskonzepts unterstützen soll.

Die Sanierungsmoderation kann in die Ausarbeitung eines Sanierungsvergleichs münden, der, wenn er gerichtlich bestätigt wird, den gleichen anfechtungsrechtlichen Privilegien unterliegt wie die Maßnahmen eines Restrukturierungsplans.

Anders als der Restrukturierungsplan ermöglicht der Sanierungsvergleich allerdings keine Durchsetzung gegen den Willen obstruierender Gläubiger. Das Mittel der Sanierungsmoderation ist insbesondere für Kleinst- und Kleinunternehmen vorgesehen, welche die Kosten einer professionellen externen Sanierungsberatung finanziell schnell überfordern können.

VI. Fazit

Das Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetz (StaRUG) bietet Unternehmern neue Instrumente eine Sanierung Ihres Unternehmens vorzunehmen. Nutzen Sie diese Chance! Lassen Sie sich durch mich beraten.